Bereits seit einer Woche bin ich nun schon in Granada. Und ich werde für eine weitere Woche hier bleiben, da ich hier ja auch im Hilfsprojekt arbeite bzw. arbeiten wollte. Leider hat sich jedoch der Vor-Ort-Koordinator des Projektes vor etwa zwei Wochen entschieden, das Handtuch zu werfen und auch davor wohl einiges gemacht, was nicht im Sinne des eigentlichen Plans war (die Details kenne ich natürlich auch nicht). De facto bedeutet das jedoch, dass das Projekt momentan nicht existiert und sehr wahrscheinlich auch in Zukunft nicht weitergeführt wird…
Daran schließt sich nun natürlich die Frage an, was ich eigentlich gerade mache. Nun ja, vormittags habe ich vier Stunden (Einzel-)Spanisch-Unterricht bei einer Englisch-/Spanisch-Lehrerin, die eigentlich auch im Projekt arbeiten wollte/sollte und mittags gehen wir dann in eine nahe-gelegene Schule für Kinder aus mittellosen Familien und helfen dort bei den Hausaufgaben oder im Unterricht. Nachdem ich zuerst doch ziemlich enttäuscht war (das ist ja nun etwas ganz anderes als die Arbeit auf einer Finca und bietet keineswegs den Einblick in den von mir angestrebten entwicklungspolitischen Bereich) habe ich mich aber recht schnell mit der Situation angefreundet. Zum Einen mache ich im Spanischen – glaube ich – wirklich gute Fortschritte und zum Anderen gehört eine solche Erfahrung wohl auch dazu. Dass Entwicklungsprojekte angedacht und vielleicht auch aufgenommen werden, dann aber wieder verworfen werden, ist wahrscheinlich nicht mal eine Seltenheit. Und hinzu kommt natürlich auch, dass ich nach anfänglicher Skepsis nun doch den Eindruck habe, dass unsere Arbeit in der Schule auch einen guten Zweck verfolgt und die meisten Kinder tatsächlich ziemlich wissbegierig und dankbar sind. Außerdem hat die Situation den Vorteil, dass ich nun bei der Hitze hier (diese Woche hatten wir bis zu 38°C bei bis zu 83% Luftfeuchtigkeit) nicht auf dem Feld ackern muss… 😉 Und auch sonst weiß man ja nie, wofür solche Planänderungen gut sind.
Nun gut, neben dem Spanischunterricht und der Arbeit in der Schule hab ich mir in der verbleibenden Zeit diese Woche natürlich auch ein bißchen Granada angeschaut (auch wenn unter der Woche nicht wirklich viel Zeit übrig war). Ist wirklich ein hübsches kleines Städtchen und so ganz anders als die anderen Teile Nicaraguas, die ich bisher bereist habe. Man sieht nämlich ganz deutlich, dass Granada (zusammen mit Leon) eine der beiden großen Kolonial-Städte war. Häuser, Kirchen und Plätze haben daher einen erkennbaren europäischen Einfluss (überall findet man beispielsweise kleine Brunnen). Und dieser Einfluss ergibt in Kombination mit den lateinamerikanischen Elementen einen ganz eigenen Charme.
Und dann sind diese Woche noch zwei ungeplante Dinge passiert. Zunächst ist nämlich am Mittwoch meine Brille kaputt gegangen; genauer gesagt ist das Gestell in der Mitte auseinandergebrochen, obwohl die Brille ja eigentlich noch gar nicht alt war. Ich konnte jedoch glücklicherweise beim Optiker ein Gestell finden, das mir gefällt und in das die „alten” Gläser hineinpassen, so dass ich lediglich, das neue Gestell bezahlen musste. Nicht mal die Arbeit haben sie mir berechnet. Und am Samstag konnte ich die neue Brille dann auch schon abholen. Hat alles ganz prima und problemlos geklappt. Bleibt nur zu hoffen, dass das Gestell diesmal länger hält!
Und dann hab ich am Freitag auch noch mein erstes Erdbeben live erlebt!!! Denn gegen 8.30 Uhr Ortszeit fand vor der Pazifikküste Nicaraguas – etwa 60km von der Hauptstadt Managua entfernt – ein Erdbeben der Magnitude 5.2 (Richterskala) statt. Die Tiefe wird von verschiedenen Instituten unterschiedlich angegeben – die genannten Tiefen liegen jedoch alle zwischen 20 und 60 km. Um ehrlich zu sein, dachte ich zunächst aber, dass lediglich ein heftiger Windstoß durchs Gebäude gefegt ist und der Boden bzw. der Tisch deshalb etwas wackelte… Nur die Spanisch-Lehrerin war plötzlich ganz aufgeregt und auch etwas verängstigt und meinte, ich solle lieber mal bleiben, wo ich sei und sie erkundige sich, was das war. Als sie dann zurückkam und mir sagte, dass es ein Erdbeben war, wohl aber nichts Schlimmeres passiert sei (und das war tatsächlich so), hab ich ihr gesagt, dass ich das total interessant und spannend finde! Das fand sie zunächst ziemlich irritierend. Ich hab ihr dann aber nochmal erklärt, dass ich doch Geophysikerin bin und es mein erstes live-erlebtes Erdbeben war. Obwohl sie meine Reaktion, glaub ich, nach wie vor etwas überrsachend findet, konnte sie es dann zumindest ein bißchen besser nachvollziehen. 😀